234. Anstößiges zu Geld & Glück Thema: Glückspiel
Freitag, 21. Januar 2011 | Autor: intern
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Anstößiges zu Geld & Glück
Thema: Glückspiel
Drei Ratschläge und sechs Richtige
Mein erster Rat in diesem Monat lautet: Kaufen Sie einen Lottoschein! Geben Sie nicht zu viel Geld aus – aber tun sie es. Ja, wirklich. Wundert Sie das? Warum eigentlich, der Lottoschein ist doch die Verkörperung unseres Themas: Geld und Glück! Und in Ihrem Fall ist es vermutlich die einzige Chance, dass Sie noch in diesem Leben richtig reich werden. Die Wahrscheinlichkeit beim Schweizer Zahlenlotto (6 aus 45) zu gewinnen ist 1 zu 8.145.060. Um sich diese Zahl vorstellen zu können, denken Sie sich einfach einen Turm aus gestapelten Einfranken-Münzen. Dieser Turm hätte eine Höhe von 12.2 Kilometern. Zugegeben, die Wahrscheinlichkeit ist recht klein – aber unendlich viel größer, als wenn sie keinen Lottoschein kaufen! Immerhin werden auch rund fünfzig Prozent der eingesetzten Gelder wieder an die Gewinnerinnen und Gewinner ausgeschüttet und der Rest kommt gemeinnützigen Zwecken zugute. Im Jahr 2003 wurden in Deutschland 8,2 Mrd. Euro für Lotto ausgegeben. Mehr als ein Drittel aller Erwachsenen gehen in Deutschland jede Woche zur Lotto-Annahmestelle.
Mein zweiter Rat lautet: Sorgen Sie sich nicht um statistische Wahrscheinlichkeiten, sondern gewinnen Sie! Ich garantiere Ihnen, wenn Sie gewinnen, sind Ihnen die Statistiker und die Millionen Verlierer völlig egal. Sie gehören dann zu den 4.129 DM-Millionären und über 200 Euro-Millionären, die es seit dem Lotto-Start in Deutschland im Oktober 1955 gibt. Ist das nicht ein hoffnungsvoller Blick in den nächsten Monat?
Wenn Sie übrigens nicht wissen, welche Zahlen sie tippen sollen, dann folgt hier mein dritter Rat: 38 – 26 – 25 – 27 – 31 – 43. Das sind die Zahlen, die in den bis am 15. September 2004 erfassten 4.265 Deutschen Ziehungen am häufigsten gekommen sind. Falls Sie statistisch sensibel sind, dann rate ich Ihnen: 13 – 28 – 45 – 10 – 20 – 15. Das sind die Zahlen, die am seltensten gezogen wurden.
Das Spiel ums Glück
Haben Sie sich auch schon mal gefragt, warum Glückspiele „Glückspiele“ heißen? Es braucht ja kein Glück, um spielen zu können. Stimmt, es braucht Glück, um zu gewinnen. Warum heißt es dann nicht „Glücksgewinnen“? Vielleicht darum, weil wir beim Glückspiel um unser Glück spielen? Darum geht es doch. Hinter der Hoffnung auf den großen Gewinn steht der Wunsch nach Lebensglück. Das kann ich gut verstehen. Es gibt wohl keine effizientere Art, reich und glücklich zu werden: Wenig Input bringt sehr viel Output in kurzer Zeit. Eigentlich wäre alles gut, wenn da nicht diese Warnung in der Bibel wäre: „Hastig errafftes Gut zerrinnt; wer aber ruhig sammelt, bekommt immer mehr“ (Sprüche 13,11). Das schnell gewonnene Geld scheint nicht lange zu bleiben und nicht wirklich glücklich zu machen.
„Mit gewonnenem Geld haben außerordentlich viele Leute Probleme“, sagt der Braunschweiger Psychologe Heiner Erke. Den Grund sieht er darin, dass den Lottogewinnern bewusst ist, dass sie das Geld im buchstäblichen Sinne nicht verdient haben. Sie haben einfach nur Glück gehabt. „Wir wissen aus vielen Untersuchungen, dass viele Lottogewinner nach einigen Jahren wieder genauso arm bzw. genauso reich sind, wie vor ihrem Glückstreffer, sagt der
Berliner Psychotherapeut Wolfgang Krüger. Der Grund: Die meisten Menschen haben nie gelernt, mit Geld umzugehen.
Interessant ist auch die Reaktion von Gewinnern. Da ist zum Beispiel dieses ältere dänische Ehepaar, das die Lottogesellschaft bat, den Millionengewinn doch wieder zurückzunehmen. Sie hätten auch nach langer Überlegung keine Verwendung für das Geld gefunden. „Ich konnte ihnen nur mit Mühe erklären, dass Glücksspiel nun mal das Risiko des Gewinns in sich birgt“, berichtet ein Angestellter der Lottogesellschaft. Ein Lotto-Gewinner aus Dortmund hat dieses Jahr seinen ganzen Gewinn von 9,1 Millionen Euro, gespendet. „Er hatte einfach Angst vor dem plötzlichen Reichtum“, sagte ein Lotto-Sprecher. Diese Reaktionen werden bestätigt durch eine Umfrage bei Lottomillionären in Dänemark: „Glück und Freude“ empfanden nur 26 Prozent. 2 Prozent berichteten von «Übelkeit, Schlaflosigkeit und Angst». Im Juli 2004 haben ZDF-Journalistinnen das Thema „Lottomillionäre“ recherchiert. Sie kommen zum Schluss: „Wir haben im Laufe der Dreharbeiten gelernt, dass mit einem Millionengewinn nicht nur Glück und Sorglosigkeit einhergehen. Eine Summe von fünf Millionen Euro kann den Gewinner schnell überfordern. Im schlimmsten Fall scheitert man sogar an dem Gewinn. Es stimmt, Geld macht noch lange nicht glücklich.“
Anstöße
Angesichts dieser Erkenntnisse gebe ich Ihnen – als zukünftige Lottogewinnerinnen und Lottogewinner – wie immer ein paar Anstöße zur Erhaltung ihres Glückes:
– Sagen Sie niemandem, dass Sie gewonnen haben. Sie dürfen Ihre Freude mit niemandem teilen. Wenn Sie es doch tun, dann sagen Sie es nur ganz wenigen Menschen. Geben Sie keine genauen Zahlen an und untertreiben Sie, ohne zu lügen. Lernen Sie so schnell als möglich „nein“ zu sagen, „Freunden“ zu misstrauen und mit ständigem Betteln und Neid zu leben.
– Versuchen Sie, Ihr Leben ohne jede sichtbare Veränderung weiter zu führen. Kündigen Sie nicht, reduzieren Sie Ihre Arbeitszeit und -leistung nicht und geben Sie nicht mehr Geld aus.
– Spielen Sie nie mehr Lotto oder andere Glücksspiele. Es besteht nur eine verschwindend kleine Wahrscheinlichkeit, dass Sie nochmals gewinnen, aber eine hohe, dass Sie spielsüchtig werden.
Haben Sie die Lust am Lottogewinn verloren? Das kann ich gut verstehen. Kaufen Sie trotzdem einen Schein, denn der nächste Infoletter kommt bestimmt und wird Ihnen helfen, mit dem Geld glücklich zu werden.
Mit freundlichen Grüssen.
Dr. rer. pol. Thomas Giudici
P. S.: Bitte vergessen Sie auf keinen Fall, mir 10% Ihres Gewinnes mit den oben genannten Zahlen zu überweisen.